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Vier Fragen an Wolfgang Siegenbrink

Mal ganz ehrlich – die wenigsten von uns hatten doch damit gerechnet, dass wir im März 2021 noch fast genauso wackelig planen würden wie im März 2020. Und da fragt man sich: Wie geht es denn nun weiter mit der Chormusik in Köln? Deshalb haben wir mal nachgefragt bei den »Chefs« unserer Netzwerk-Chöre. Unsere kleine Interview-Reihe »Vier Fragen an …« gibt einen Eindruck:

Lieber Wolfgang Siegenbrink, wie geht es Dir gerade?
»Eigentlich nicht besonders schlecht. Durch meine Anstellung als Kantor bei der Kirche habe ich zu tun und das Privileg, sogar in der Pandemie musizieren zu dürfen. Ich habe damals, im März 2020, geahnt, dass es für die allermeisten freischaffenden Künstler eine große Durststrecke geben wird. Und so habe ich veranlasst, bei den abgesagten Konzerten allen ein Ausfallhonorar in Höhe der Hälfte ihrer Gage zu zahlen, um eben ein bisschen weniger dramatisch durch diese Zeit zu kommen.

Beim KölnChor habe ich ein Spendenkonto angeregt, um eventuelle Härten freischaffender Künstler:innen, mit denen wir häufig musizieren, abzufedern und auch Chorsänger:innen auf Wunsch unter die Arme zu greifen. Übers Jahr habe ich, auch dank der großzügigen finanziellen Unterstützung meines Pfarrers, Herrn Klinkenberg, einige Dutzend Musiker:innen eingeladen, um in Gottesdiensten zu spielen oder zu singen. Sicherlich war das in vielen Fällen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein (Viele erzählten mir von Verdienstausfällen allein im letzten Jahr in Höhe von 20, 30, ja 50 Tausend €!), aber allein die Möglichkeit zu haben, einfach legal zu musizieren, war vielen sehr wichtig.«

Was war Dein persönliches musikalisches Highlight im Jahr 2020?
»Chorisch die Hauptprobe der Matthäuspassion am 10. März 2020, danach gab es nur noch Absagen … Die kammermusikalischen Musiken in Messen und (damals noch erlaubten) kirchenmusikalischen Konzerten mussten dann anstatt groß angelegter Chorkonzerte und Chorreisen ausreichen. Sehr leid tut es mir besonders für die vielen Laienchörsänger:innen, die sich einer wesentlichen Lebensgrundlage beraubt sahen und sehen. Das Singen und die damit verbundene Chorgemeinschaft ist für viele ein wirklich wesentliches Lebenselement, so wichtig wie Essen und Trinken! Das können vielleicht amusische Politiker:innen nicht ganz nachvollziehen, es wäre das Gleiche, als wenn man ihnen die Möglichkeit nähme, sich öffentlich zu äußern und stumm bleiben zu müssen.«

Wie halten sich Deine Chorsängerinnen und Chorsänger derzeit fit?
»Mit Audios, die ich für das nächste Konzert einspiele und singe. Dabei stellen wir alle fest, dass das niemals ein Ersatz sein/werden kann zu einem gemeinschaftlichen Chorsingen, wie es auch ›digitalnaiv‹ ist zu behaupten, dass schulischer digitaler Unterricht besonders die jüngeren Kinder erreichen würde. All jene ›fortschrittlichen‹ Menschen, die das fordern, möchte ich fragen, ob sie ihre sonstige Nahrung nicht auch lieber digital einnehmen möchten. Es ›nährt‹ einfach nicht!«

Welche Werke sind mit dem Chor für die Saison 2021/2022 in Planung?
»Noch hoffen wir, am 20. Juni 2021  mit dem Rheinischen Kammerchor Köln in der Philharmonie Bachkantaten singen zu können. Weiter im November Mozarts ›Requiem‹ (ebenfalls RKK) und im Dezember das Weihnachtsoratorium (KölnChor). Im Frühjahr 2022 die nachgeholte ›Matthäuspassion‹ (Kirchen-und Projektchor, RKK) und ›Paulus‹ (KölnChor)

[Wolfgang Siegenbrink ist Künstlerischer Leiter des KölnChors und des Rheinischen Kammerchors.]